Gestern habe ich über die wertvollen Menschen in meinem Leben geschrieben, mit denen ich in Freundschaft streiten kann, die bereit sind, Reibung und Dissens auszuhalten und mit denen ich eine so belastbare Beziehung habe, dass wir einander Wahrheiten zumuten können, die nicht immer schön sind. Heute möchte ich über die paar anderen Menschen in meinem Leben schreiben, ohne die Ersteres nicht möglich wäre.
Ich feiere heute meine Seelenschwestern. Diejenigen, die nicht fragen brauchen, warum ich dieses oder jenes denken. Die, die mit mir nicht um eine Position ringen müssen, weil sie selbst zu keiner anderen in der Lage wären. Die, die mir erzählen können, wie ich mich fühle, weil sie es selbst spüren. Die, die sich aufregen, wenn ich mich aufrege. Die, die lachen, wenn ich lache. Die, die wissen, warum ich unfassbar enttäuscht oder traurig bin, auch wenn ich ihnen das nicht erzählt habe. Die, bei denen selbst Wiederspruch so sanft und gleichzeitig so logisch daherkommt, dass ich meinen könnte, er wäre in meinem eigenen Kopf entstanden, weil sie keine andere Sichtweise einbringen und erklären müssen, sondern eine Wahrheit aussprechen, die ich eigentlich längst selbst in mir trage.
Sister from another mother sagt man dazu heute manchmal. Es sind die Menschen, denen wir uns so nah fühlen und mit denen wir soviel gemeinsam haben, dass man glauben könnte, wir wären schon zusammen ins Leben gestartet. Das sind die Menschen, zu denen wir zuallererst gehen, wenn die Welt brennt, das Kartenhaus einstürzt, eine vermeintliche Kleinigkeit wie ein Giftpfeil in unseren Herzen hängt oder wir uns laut empören müssen. Wir gehen zu ihnen, weil wir wissen, dass sie uns verstehen, dass sie uns weder ins Gewissen reden, noch mit gut gemeinten Ratschlägen daherkommen, sondern erstmal nur mit Verständnis, Liebe und Mitgefühl. Die anderen Punkte dürfen gern etwas später folgen. Aber an allererster Stelle steht, dass sie fühlen, was wir fühlen.
Ohne diese paar Menschen in meinem Leben wäre ich heute nicht die, die ich bin. Ohne sie würde ich das Reden und Ringen nicht gut aushalten. Ohne das Wissen, dass ich sie bedingungslos in meinem Rücken habe, könnte ich an anderer Stelle nicht gut für das, was ich bin und denke, einstehen.
Denn ja, wir brauchen Widerspruch und Korrektiv, ohne kann kein gelingendes Leben funktionieren. Aber eben auch nicht ohne die, die das Fluchtauto fahren würden, wenn man selbst eine Bank ausraubt hat.