Ständig Streit ums Handy

Wenn du Teenager oder Pre-Teens zu Hause hast, dann ist das kleine Gerät, mit dem die meisten von uns ihren Alltag meistern, sicher auch bei euch schon ab und an zum Konfliktthema geworden. Ständig Streit ums Handy ist etwas, das viele Eltern von Kindern zwischen 10 und 15 angeben, wenn es um die Frage nach Problemen im Familienalltag geht. Kein Wunder, einen guten Umgang mit Mediennutzung zu finden, ist ja auch für uns Erwachsene nicht leicht. Und oft sind unsere Erwartungen an Kinder und Jugendliche deutlich strenger als an Menschen in unserem Alter.

Handys für Kinder und Jugendliche – Fluch und Segen

Als Mutter war ich schon mehr als einmal dankbar, dass meine älter werdenden Kinder mich jederzeit von unterwegs erreichen konnten und ich sie umgekehrt auch. So manche App auf ihrem Smartphone hat uns allen schon das Leben erleichtert. Meinen Kindern beim Übertritt auf die weiterführende Schule ein Smartphone zu verweigern, wäre für mich nicht denkbar gewesen. Doch gleichzeitig war für uns als Eltern klar, dass es für die Nutzung Regeln geben muss. Es braucht klare Absprachen, sowohl was den zeitlichen Rahmen angeht, als auch für die Inhalte. Denn wenn wir unseren Kindern ein Smartphone schenken, geben wir ihnen quasi die Welt in die Hand. Theoretisch können sie mit diesem Gerät alles machen. Sie haben Zugriff auf Seiten, auf denen sie nicht sein sollen und sind ab sofort ständig “on”. Über verschiedene Kanäle sind sie dauererreichbar. Das kann für sie bereichernd und spaßig sein und ein guter Teil ihres Soziallebens. Und es kann schwierig werden. Überfordernd. Reizüberflutend. Es kann sie ärgern oder traurig machen, im schlimmsten Fall nachhaltig verstören.

Interesse zeigen

Wichtig ist es daher in der Anfangszeit mit einem Handy, dass wir an unseren Kindern dranbleiben. Beim Übertritt auf die weiterführende Schule, meist dem Zeitpunkt des ersten Handys, sind unsere Kinder in der Regel zwischen 10 und 12 Jahre alt. Es ist ein gutes Alter für ein erstes, eigenes Smartphone, weil wir in diesen Jahren noch viel Nähe zu ihnen haben. Es macht ihnen noch nicht viel aus, das, was sie tun, auch mit uns zu besprechen und zu teilen. Hier ist es wichtig, dass wir neugierig bleiben und mit unseren Kindern zusammen die neue Welt erkunden. Ähnlich, wie wir sie ja auch nicht ab Tag 1 allein in eine neue Stadt fahren lassen, sondern mit ihnen Schulwege und ÖPNV geübt haben, sollten wir es auch mit den Möglichkeiten des Smartphones handhaben.

Dialog statt Streit ums Handy

Streit ums Handy entsteht vor allen Dingen da, wo unsere Kinder mit dem Gerät anders umgehen, als wir es für angebracht halten. Oft stelle ich in meiner Arbeit jedoch fest, dass Eltern gar nicht bewusst ist, warum ihre Kinder viel am Smartphone hängen. Wichtig ist es also hier, tatsächlich im Dialog zu bleiben und erst einmal verstehen zu wollen, was die Kinder da tun. Welche Apps nutzen sie und warum? Kommunizieren sie mit Freunden, wenn sie in der Ecke sitzen und rumtippen, machen sie sich Notizen in einer App oder bauen sie etwas in Minecraft? Spielen sie ein Spiel, dass wir für weniger geeignet halten oder entspannen sie sich bei “Malen nach Zahlen?” Erzählt irgendein Youtuber Dinge, die wir sehr kritisch sehen oder hören sie einen Podcast zu einem Thema, das sie interessiert? Denn Handynutzung ist nicht gleich Handynutzung. Es kommt viel darauf an, WAS genutzt wird. Am meisten erfahren wir, wenn wir uns unvoreingenommen mit den Dingen auseinandersetzen, die unsere Kinder faszinieren.

Realistische Rahmenbedingungen

Und ja, trotzdem braucht es Rahmenbedingungen. Selbst wenn wir das, was unsere Kinder hauptsächlich an ihren Smartphones tun, gar nicht schlecht finden, wollen wir, dass sie “das Ding” einfach auch ab und zu mal weglegen. Sie sollen aufmerksam sein für ihre Umgebung und auch einfach im Hier und Jetzt bei uns. Wichtig ist hierbei nur, dass wir realistisch bleiben. Denn viel Streit ums Handy entsteht dadurch, dass Eltern unrealistische Vorgaben machen. 20 Minuten Handyzeit nach den Hausaufgaben und dann muss es weggelegt werden, ist zu wenig und passt auch nicht gut in ein sinnvolles Nutzerverhalten. Eine gute Regelung kann nur entstehen, wenn wir mit unseren Kindern zusammen besprechen, was sie brauchen und warum. Bei uns hat sich beispielsweise ein Tageslimit bewährt, das wir an den Handys direkt regeln können. Gute Orientierung für einen zeitlichen Rahmen gibt es zum Beispiel bei der Initiative Schau hin.

Klar kommunizieren

Doch auch wenn wir die Interessen und Themen unserer Kinder bei der Festlegung von Handyregeln auf jeden Fall berücksichtigen sollten, ist es wichtig, dass wir auch zu unseren eigenen Werten stehen. Oft haben wir einfach mehr Weitblick und sehen auch, wo das Handy im Alltag unserer Kinder zur Last, statt zur Bereicherung wird. Uns fallen Problemfelder auf, die Kinder und Jugendliche oft nicht wahrhaben wollen. Hier ist es wichtig, dass wir klar kommunizieren, welche Regeln uns wichtig sind und wo wir keine Kompromisse eingehen möchten.

Vorleben und Vertrauen

Doch wie immer ist es auch beim Umgang mit dem Handy so, dass unsere Kinder von uns lernen und sehr schnell merken, wenn das, was wir von ihnen wollen, nicht zu dem passt, was wir vorleben. Wenn wir keine Handys am Esstisch wollen, haben unsere da auch nichts zu suchen. Verlangen wir von ihnen handyfreie Zeiten, sollten auch wir vorleben, dass wir das selbst ab und an so machen. Haben wir als Eltern unseren eigenen Konsum übertrieben und bspw. nach zu viel “Genuss” von Twitter nun schlechte Laune, können wir das mit unseren Kindern besprechen und zeigen, wie schwer es uns selbst manchmal fällt. Und letztlich müssen wir akzeptieren, dass unser Einfluss auf das Handyverhalten unserer Kinder mit jedem Jahr geringer wird. Dann müssen wir darauf vertrauen, dass die von uns gelegten Grundsteine sie letztlich immer wieder auf einen guten Weg bringen werden, auch wenn sie sich mit Sicherheit mal verlaufen.

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Fotos: Inka Englisch (Link)

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