Ich teile mein Haus mit ziemlich vielen anderen Lebewesen. Wollmäusen. Katern. Einem Mann. Und mit drei Kindern. Mein Zuhause ist genauso ihr Zuhause. Der Ort, an dem sie leben, atmen, sie selbst sein dürfen.
Und der Ort, an den ihre Freunde jederzeit kommen dürfen. Letzteres finde ich sehr wichtig. Und gleichzeitig manchmal herausfordernd. Ich wünschte mir manchmal tief in mir drin, Freundebesuch würde sich auf die Kinderzimmer beschränken. Tut er aber nicht, denn natürlich wollen die Kinder auch die Gemeinschaftsräume nutzen. Das Bad (zwangsläufig). Das Wohn- und Esszimmer. Den Keller (Ort von Netflix, dem Hauskicker und den Spielekonsolen). Und auch mal die Küche. Also genau genommen meine heiligen Hallen in diesen Haus. Der Ort, an dem sonst nur ich mich stundenlang aufhalte. Das ist auf jeden Fall das nächste Level des Zusammenlebens auf Augenhöhe. Eine Geschichte vom Wachsen mit Kindern.
Es hat viele Vorteile, wenn die Kinder langsam größer werden. Der Raum für uns Mütter weitet sich ganz allmählich. Wir können anders mit ihnen sprechen. Wir teilen gemeinsame Interessen. Und dann kommen sie leider auf die Idee, dass sie allein backen wollen. Sie und ihre Freundinnen. In meiner Küche. Dem Ort in diesem Haus, an dem bisher nur ich mich längere Zeit am Stück aufgehalten habe. Am allerliebsten allein. Meine innere Spießerin brüllt laut NEIN – AB INS KINDERZIMMER. Die Mutter, die gern auf Augenhöhe lebt, pfeift sie zurück. Du musst atmen und es geschehen lassen, flüstert sie. Ich assistiere beim Zusammensuchen der Zutaten und Backutensilien und lasse mich dann unter mäßigem Protest nach draußen schieben. Ich atme tief und oft. Lenke mich ab und schaffe es, mich nur einzumischen, wenn ich gefragt werde.
Ich möchte, dass meine Kinder lebenstauglich werden. Das ist mir tatsächlich wichtiger, als vieles anderes, auf das gemeinhin so wert gelegt wird. Ich möchte, dass sie ihr Zuhause irgendwann verlassen und irgendwo ein Neues finde. Dort sollen sie nicht bei jeder Kleinigkeit nach mir rufen. Weder wenn ihr Wäschekorb überquillt, noch wenn sie endlich mal wieder einen Kuchen haben wollen. Versteht mich nicht falsch, ich unterstütze sie gern und natürlich bekommen sie weiterhin mütterliche Zuwendung in jeglicher Form, wann immer sie das wollen. Ich möchte sie aus der Ferne beschenken und verwöhnen – als netten Zusatz in ihrem Leben, das sie ansonsten allein ganz wundervoll ohne mich hinbekommen. Doch lebenstauglich werden sie nur, wenn sie sich Fähigkeiten aneignen dürfen. Wenn ich sie machen lasse.
Viele sind der Meinung, dass wir unsere Kinder nicht verwöhnen dürfen und dass sie dringend mehr Abhärtung bräuchten. Wir sollen ihnen ihre materiellen Wünsche auch dann nicht erfüllen, wenn wir es theoretisch könnten. Sollten ihnen keine Dinge abnehmen, zu denen sie selbst in der Lage sind. Müssten sie stärken, indem wir uns raushalten. Ich halte das größtenteils für aus der Zeit gefallenes Gerede. Denn oft geht es dabei darum, dass Erwachsene nach gut Dünken entscheiden, welcher Gefallen Kindern getan wird und was sie selbst übernehmen müssen. Wirklich zielführend finde ich dagegen, die autonomen Bestrebungen, die kleine Menschen zu Hauf in sich tragen, nicht zu beschneiden. Schon gar nichts, wenn es um das Aneignen von Alltagsfähigkeiten geht. Es macht kurzfristig mehr Arbeit – und erleichtert das Leben auf lange Sicht enorm.
Am Ende dürfte ich übrigens doch assistieren – beim Aufräumen der Küche. Doch auch da übernahmen sie den Hauptteil.
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