“Mama, bekomme ich Geschenke?” Die Frage des Kindes überraschte mich einigermaßen. “Wieso denn nicht, mein Schatz?” “XY hat gesagt, nur wer brav war, bekommt welche.” Und da sind wir wieder. Wieder einmal muss ich über den Weihnachtsmann schreiben, über das Wunder von Weihnachten und über den Grund, warum das Christkind immer kommt.
“Schatz, wir feiern an Weihnachten Jesus Geburtstag. Und der hatte alle gleich lieb, die Braven, die Lauten, die Leisen, die Wilden, die Frechen, die Nervigen und die Kämpfer. Dich und auch den Jungen, der im Sommer die Schule angezündet hat.”. Liebe Eltern, liebe Großeltern, liebe Nachbarn und Freunde. Das Christkind kommt immer. Weihnachten ist kein Druckmittel in schwierigen Erziehungssituationen, sondern ein fettes Paket voller unverdienter Gnade.
Es gibt diesen einen Tag im Jahr, auf den sich alle Kinder freuen. Oft mehr noch, als auf den eigenen Geburtstag. Weihnachten, das ist ein Fest voller Zauber und Geheimnis. Es ist eingebettet in eine Zeit voller Sagen und Märchen – und einer wahren Geschichte voller unfassbarer Schönheit. Es ist die Zeit der Krippenspiele und der Hollywood-Romantik. Die Zeit der Licher und fliegenden Rentiere. Die Zeit von Plätzchenduft und Kerzen. Kein Kind zählt die 24 Tage vor seinem Geburtstag genau ab – doch jedes Kind zählt die bis zum Weihnachtsfest. Diese Zeit mit Selbstzweifeln und Angst zu überlagern, ist unmoralisch und zwar gleich in mehrerlei Hinsicht. Zum einen widerspricht es der christlichen Botschaft – dem Grund, warum wir diesen ganzen Aufstand überhaupt machen. Denn nach dieser Logik müsste Weihnachten für uns alle ausfallen. Es hätte überhaupt nie stattfinden dürfen. Doch es ist. Weil Gott sich mit uns versöhnen wollte. Weil er seinen Frieden machen wollte, mit uns Menschen, die wir alles, aber nicht brav sind.
Doch zum anderen, ganz ab von religiösen Fragen, ist es grausam. Es ist zutiefst grausam, den Zauber der Adventszeit mit Drohungen und Angst aufzuladen. Unsere Kinder sollen eine Zeit der Vorfreude erleben – und keine Zeit des Wenns und Danns. Unsere Kinder sollen daran glauben dürfen, dass sich ihre Wünsche erfüllen – vielleicht nicht alle, doch zumindest der eine oder andere. Unsere Kinder sollen dem Heiligen Abend mit geschäftiger Aufregung entgegenfiebern und nicht mit der bangen Frage im Kopf, ob sie denn auch brav genug waren. Für Kinder ist der Zauber der Adventszeit oft eine Art der Zuwendung, die sie mit ins Leben nehmen.
Zuwendung an Bedingungen zu knüpfen, ist nie der richtige Weg, nicht im Advent, nicht im restlichen Jahr. Stellen wir uns nur vor, unser Partner würde seine Zuwendung an uns daran knüpfen, ob wir uns brav so verhalten haben, wie er das wünscht. Wir wären empört. Vielleicht würden wir diese ungesunde Beziehung verlassen und sicher würden wir einem Freund in solch einer Situation genau das raten. Was gibt uns also das Recht, so etwas mit unseren Kindern zutun?
Eltern sein ist nicht einfach. Im Gegenteil, manchmal ist es verdammt anstrengend. Ein Knochenjob. Einer, der uns täglich an unsere Grenzen bringen kann. Da dürfen wir Fehler machen, falsch reagieren, idiotische Dinge sagen. Und wir dürfen immer wieder kreativ nach Lösungen suchen, uns Rat holen, für mehr Geduld und Liebe beten. Aber Weihnachtsmann und Christkind sollten wir da bitte, bitte rauslassen.