Mädchen erziehen. Zwischen Feminismus und Bedürfnisorientierung

Kürzlich war ich mal wieder Teil von einer dieser Diskussionen. Jemand schreibt in einem sozialen Netzwerk etwas mehr oder weniger Belangloses und plötzlich wird eine riesige Sache daraus.

Ihr kennt das. Die Belanglosigkeit kam diesmal von mir. Ich war nämlich mit meiner Tochter im Kino. So weit so gut – doch der Film, den wir uns angesehen haben, erhitzte so manches Gemüt. Wir sahen nämlich Die drei !!!. Keine Mutter, die auch nur halbwegs an einem emanzipierten Aufwachsen ihrer Tochter interessiert sei, könne zulassen, dass ihr Kind so etwas konsumiert, wurde mir mitgeteilt. Für mich hat diese Diskussion mehr Fragen aufgeworfen, als sie beantwortet hat. Vor allen Dingen treibt mich seither eins um: Wie ist das denn eigentlich mit dem Mädchen erziehen heutzutage? Wie viel Platz für eigene Entwicklung lassen wir ihnen zwischen rosa-hellblau einerseits und dem Druck bitte auf keinen Fall typisch Mädchen zu sein auf der anderen Seite?

Offen bleiben für Vorlieben aller Art

In unserem Haushalt werden drei Kinder ins Leben begleitet. Ein Junge und zwei Mädchen. Alle drei liegen altersgemäß so dicht zusammen, das sie viel miteinander spielen, voneinander lernen und sich aneinander reiben. Besonders die beiden Großen sind von Anfang an sehr eng miteinander. In ihre zumeist sehr freien Rollenspiele fließt alles ein. Jungskram. Mädchenkram. Kram. Sie hören zusammen Hörspiele und schauen Serien. Manche sind eher jungenhaft konnotiert, andere mädchenhaft. Sie versinken in beidem. Mit den Jahren haben sich aber auch Vorlieben herausgebildet – und manche entsprechen dem gängigen Geschlechterklischee. Nun müsste ich das, zumindest laut mancher feministischer Kritikerin, unterbinden. Ich müsste versuchen, meine Kinder bewusst in die jeweils andere Richtung zu lenken. Das Problem ist nur – das ist überhaupt nicht meine Art, meine Kinder ins Leben zu begleiten.

Unsere Mädchen erziehen wir hier nicht absichtlich zu typischen Mädchen – und wir bringen ihnen auch nicht das Gegenteil bei. Viel mehr helfen wir ihnen dabei zu werden, wer sie sowieso sind. Wir machen ihnen Angebote. Wir begleiten ihre Interessen und Vorlieben und wir werten sie nicht ab. Letzteres ist manchmal gar nicht so leicht, das gebe ich zu. Ich halte es aber im Umgang mit Kindern für unerlässlich. Gerade wenn sie älter werden. Ich persönlich möchte nämlich so lange wie nur irgendwie möglich Teil der Kultur meiner Kinder sein. Ich möchte ihre Geschichten kennen, wissen wofür sie brennen und freue mich, wenn sie mir darüber berichten. Ihre Serien und Geschichten, ihre Spiele und ihre Kindheitshelden, all das ist Teil ihres Wachsens und ihres Selbst. Ich sehe mich nicht in der Position, dieses bewusst zu verändern. Bedürfnisorientierung heißt für mich, ihre Interessen wahrzunehmen und ihr Bedürfnis nach Wertschätzung und Anerkennung zu befriedigen, indem ich sie dafür nicht niedermache.

Interesse statt Abwertung

Bedeutet das nun, dass alles erlaubt und alles egal ist? Nein, das bedeutet es nicht. Zum einen gibt es Dinge, die unsere Kinder ernsthaft gefährden, gerade beim Medienkonsum. Wenn das der Fall ist, geht ihre Sicherheit und auch ihr geistiges Wohl vor. Es gibt vereinzelt in ihren Serien auch mal Dinge, die ich so blöd finde, dass ich mich positioniere. Ich spreche dann an, was ich komisch finde und warum das so ist und wir reden darüber. Manchmal stimmen sie mir zu – und manchmal sehen sie es ganz anders oder haben es gar nicht so aufgefasst, wie ich. Ich glaube, sie finden mich in solchen Momenten echt schräg – aber damit kann ich leben.

Wenn es um die Frage geht, ob Mädchen Filme wie den oben genannten sehen sollten, finde ich, sollten wir versuchen zu verstehen, was unsere Kinder überhaupt daran fasziniert. Meine Tochter zum Beispiel mag die spannenden Fälle der drei Mädchen und ihre Art, sie zu lösen. Sie mag auch das männliche Pendant dazu – doch sie kann sich ganz offensichtlich mit den Mädels ein Stück weit mehr identifizieren. Warum auch nicht, sie ist ja selbst eins. Die große Errungenschaft, die der Feminismus uns gebracht hat, ist die Selbstbestimmung. Ich möchte, dass meine Mädchen immer wissen, dass sie die Freiheit haben, über sich selbst zu bestimmen.

Mädchen erziehen geht bedürfnisorientiert und selbstbestimmt

Feminismus und Bedürfnisorientierung scheinen oft im Widerspruch zueinander zu stehen, wenn wir Mädchen erziehen. Dabei geht es bei beidem darum, dass unsere Töchter die werden, die sie sind. Es geht um Freiheit und Selbstbestimmung, um Anerkennung und Wertschätzung. Wenn wir diese Werte zu Grundpfeilern unserer Erziehung machen, können wir unsere Mädchen in alle Richtungen gut begleiten.

Foto: Inka Englisch

Fotos: Inka Englisch (Link)

Über mich:

Unternehmerin, Erziehungswissenschaftlerin, Familienberaterin, Autorin, dreifache Mama und vor allem für Sie und ihre Familie da.

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