Wenn ich mir in früheren Jahren ausgemalt habe, wie es wohl sein wird, wenn ich einmal Mutter bin, dann hatte ich immer ein Bild von mir im Kopf: Ich wollte für meine Kinder und mich ein Zuhause schaffen. Nicht nur ein Dach über den Kopf, einen Ort, an dem wir irgendwie leben können, sondern ein Zuhause, eine Heimat – einen Ort voller Geborgenheit und Liebe.
Ein Zuhause, das war für mich kein bestimmter, geografischer Ort, es war eher ein Gefühl. Etwas, was sich wohlig und warm anfühlt, wenn man daran denkt. Ein Küchenfenster, durch das Licht scheint, wenn man im Herbst oder Winter nach Hause kommt und jemand, der dahinter werkelt. Der Geruch von Lebkuchen, in der Adventszeit und der Geschmack von gezuckerten Erdbeeren mit Milch am ersten lauen Sommerabend. Meine Vorstellungen vom Drumherum haben sich im Laufe der Jahre immer mal verändert. Das war mal die schicke Altbauwohnung in der Stadt und mal der alte Bauernhof ganz weit draußen auf dem Land. Geworden ist es irgendwann ein bisschen von beidem – ein Reihenmittelhaus mit wildem Garten im Vorort.
Der Rest ist nach und nach gewachsen. Eine Weile dachte ich, ein wohliges, warmes Zuhause muss ein Ort sein, an dem jeder sich in völlig freier Weise entfalten kann und wo Ordnung nicht so wichtig ist. Dann schlug ich mal ins Gegenteil um und definierte den Wert unseres Heims an der Anzahl weggeputzer Staubkörner. Beides funktionierte irgendwie nicht lange – und genau wie unsere Wohnlage sind auch Ordnung und Sauberkeit am Ende ein Kompromiss. Doch während ich mein Augenmerk auf all diese Nebensächlichkeiten gerichtet habe, ist kaum merklich das Wichtige gewachsen. Aus dem Haus, das wir vor sieben Jahren gekauft und renoviert haben, ist ein Zuhause geworden. Eins, in dem man das beleuchtete Küchenfenster sieht, wenn man nach Hause kommt. Eins, in dem ziemlich oft leckere Dinge auf dem Herd oder im Backofen sind. Eins, in dem unsere Lebkuchen schmecken und eins, in dem wir gern in unserem wilden, chaotischen Garten sind. Eins, in das andere Menschen gern kommen, weil sie es gemütlich und warm finden – und liebenswert chaotisch.
Nun werden unsere Kinder älter und unsere Aufgabe ist, daran zu Arbeiten, dass das Zuhause-Gefühl ein Gutes bleibt. Denn wichtiger als Lebkuchenduft und beleuchteten Fenstern ist, dass man sich auch dann durch die Küchentür traut, wenn etwas mächtig schief gelaufen ist. Jetzt kommt es darauf an, dass wir unser Zuhause zu einem Ort machen, an dem man immer gehen kann, egal mit was. Ein Ort, in dem man sich angenommen weiß, egal ob man die 6 in Mathe nach Hause trägt oder von der Polizei gebracht wird. Ein Haus, in dem wir mehr vergeben als streiten, ein Haus, in dem wir einmal mehr ich liebe dich sagen, als schimpfen. Ein Haus, in dem immer das Gefühl von Sicherheit im Vordergrund steht und nie das Gefühl von Angst.
(Foto: Inka Englisch)
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