Das Leben mit Kindern ist auch immer wieder das Finden von Strukturen, Ankern und Ritualen für den Familienalltag. Genauso ist es aber auch das Loslassen oder Verändern von Dingen, die auf einmal nicht mehr passen. So ging es uns auch gerade mit unserem Familientisch.
Gemeinsame Mahlzeiten als Anker im Familienleben
Tägliche gemeinsame Mahlzeiten gehören für uns zum Familienleben dazu. Sie sind ein wichtiger Anker in unserem Alltag. Der Familientisch ist der Ort, an dem wir uns begegnen und austauschen können. Es ist der Ort, an dem wir uns von unserem Tag erzählen und an dem wir das miteinander teilen, was wir in den Stunden erlebt haben, in denen wir nicht zusammen waren. Es geht dabei um weit mehr als das Essen. Klar gehört eine leckere und am besten auch noch gesunde Mahlzeit dazu und ab und zu muss es mal was richtig versaut leckeres für die Seele sein. Dann gibt es etwas mit viel Zucker oder Panade, mit einer extra Portion Sahne oder Käse und mit guter Butter. Doch wichtiger als das ist, dass wir zusammen sind und uns unterhalten. Wichtig ist, dass jeder zu Wort kommen darf und dass wir uns zuhören. Mir ist außerdem wichtig, dass es gemütlich ist. Ich mag es, wenn Kerzen auf dem Tisch stehen oder frische Blumen – und die Kinder mögen es auch.
Es geht um mehr als nur das Essen
An manchen Tagen haben wir es bisher geschafft, zu drei Mahlzeiten täglich gemeinsam am Tisch zu sitzen. Morgens zumindest kurz, bevor alle aus dem Haus müssen. Der große Anker war dann das gemeinsame Mittagessen. Wir haben es eingeführt, als der große Junge in die Schule gekommen ist. Zu dieser Zeit war immer mindestens ein Erwachsener mittags zu Hause und auch alle Kinder. Es war eine schöne Möglichkeit, viel von der neuen Lebensphase des Großen mitzubekommen und seine Geschichten hautnah zu hören. Wir haben dieses Ritual über Jahre gepflegt und fanden es alle total passend und wichtig. Abends, wenn das andere Elternteil (in den letzten Jahren meistens mein Mann) dann auch dabei war, haben wir nochmal zusammen gesessen. Da ging es dann noch weniger um die Mahlzeiten, denn die waren meist langweilig. Da wir alle mittags was Warmes hatten, gab es abends belegte Brote, Salat oder Fingerfood. Aber vor allem gab es ganz viel zu erzählen, denn auch Papa musste ja jetzt all das erfahren, was er über den Tag verpasst hatte und auch er hatte viel zu berichten. Oft gingen unsere Abendessen geradewegs in den Vorleseteil über. Es wurden Bücher rangeholt, Geschichten gelesen und dabei Obst genascht.
Es muss nicht immer Mittagessen sein
All das war für uns lange Zeit rund. Ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass sich das jetzt schon ändern würde. Vielmehr habe ich immer mit gemischten Gefühlen auf nächstes Jahr geschielt, wenn der Große auf eine weiterführende Schule geht und nicht mehr regelmäßig mittags zu Hause sein wird. Doch in letzter Zeit haben wir mehr und mehr festgestellt, dass unser Ablauf nicht mehr passt. Die beiden Schulkinder kommen dieses Jahr oft recht spät nach Hause – und das Kindergartenkind hält es nur mit sehr viel Mühe aus, auf das gemeinsame Essen zu warten. Mich hat das Kochen am Mittag zudem in letzter Zeit oft gestresst. Jeden Tag habe ich versucht, viel zu viele Dinge in viel zu wenig Stunden zu quetschen. Jede freiberuflich tätige Mama mit Mittagskindern wird das Problem kennen.
So kam es, dass wir unsere Zeiten am Familientisch zu Beginn dieses Schuljahrs geändert haben. Nun ist unsere kleine Teerunde, die wir am Nachmittag veranstalten, unser täglicher Anker. Das große gemeinsame Essen findet nun abends statt, wenn wir alle da sind. Da ist dann weiterhin viel Zeit zum Reden, zum Essen, zum Vorlesen und zum Zusammensein. Mittags gibt es stattdessen nur noch Snacks, für die, die unterwegs nichts bekommen haben. Derzeit probiere ich noch mit Rezepten rum und suche kindertaugliche und nicht zu langweilige Ideen und zuckerfreie Rezepte zum Genießen und Sattessen am Nachmittag.
Die plötzliche Anpassung unserer Essgewohnheiten an die Gegebenheiten zeigt, wie sehr Familienleben immer im Fluss ist. Rituale und Anker sind gut und wichtig. Sie geben Halt und Geborgenheit, Orientierung und die Möglichkeit zur Erholung in Stresszeiten. All das tun sie aber nur dann, wenn sie auch wirklich passen und nicht um ihrer Selbst willen aufrecht gehalten werden. Unsere gemeinsamen Mahlzeiten als Ankerpunkte sind immer noch total wichtig, auch wenn sie ganz anders stattfinden, als noch vor wenigen Monaten.
Wie habt ihr euch organisiert und wann sitzt ihr zusammen am Tisch?
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