Nun habe ich meine Serie über unseren Urlaub in Südtirol langsam beendet. Auch ihr werdet wohl gerade nach und nach von euren Reisen zurückkehren. Vielleicht wart ihr aber auch gar nicht weg, weil Familienurlaub für euch das Gegenteil von Erholung und Ruhe bedeuten würde. Oder ihr wart weg und lest jetzt all diese Berichte im Netz uns seid traurig. Denn bei euch war es nicht so bunt und fröhlich, wie offensichtlich bei den meisten Betreibern von Familienblogs. Vielleicht fragt ihr euch, ob nur ihr im Urlaub auch reichlich Konflikte lösen musstet.
Vielleicht habt ihr euch auch bei meinem Bericht über unseren Familienurlaub ab und zu gedacht, dass viel zu viel Friede, Freude und Eierkuchen darin vorkam.
Nun ja – wir hatten dieses Jahr wirklich viel Friede. Und viel Freude. Und dank unserer tollen Crepespfanne und meinem Mann gab es auch wirklich viel Eierkuchen.
Der rosafarbene Elefant reist immer mit
Doch das war nur die eine Seite und natürlich gab es auch eine andere. Wir hatten eine Dreijährige dabei – was allein schon für ordentlich Zündstoff sorgte. (Ich fürchte, in Bozen hängen Fandungsplakate von uns aus) Ganz abgesehen davon, dass unser Urlaub ja sowieso schon etwas holperig begann. Dann war noch dieses eine Kind, das jeden Abend gern ein Gesellschaftspiel spielen wollte – und regelmäßig den Spaß verlor, sobald es merkte, dass ein anderer gewann. Ganz zu schweigen von diesem einen komplizierten Dreieckskonflikt zwischen mir, meinem Mann und einem unserer Kinder, der leider keinen Urlaub machte.
Es ist ja so – die großen rosafarbenen Elefanten, die wir zu Hause vielleicht noch im Keller verstecken können, nehmen in einem kleinen Wohnwagen auf einmal ziemlich viel Platz ein. Früher hat mich sowas massiv gestört. Wenn ich gemerkt habe, dass Konflikte die hohen Erwartungen stören, die ich an das Highlight des Jahres, den Sommerurlaub, hatte, wollte ich am liebsten sofort alles abbrechen. Wir fahren morgen heim! , war ein Satz, den ich mehr als einmal gesagt habe. Dass es heute anders ist, liegt nicht etwa daran, dass es bei uns heute viel harmonischer zugeht. Viel mehr habe ich etwas an meinen Erwartungen verändert. Ich sehe unsere gemeinsame Urlaubszeit mittlerweile als Chance, die rosafarbenen Elefanten anzusehen, wenn sie sich uns in den Weg stellen. Dieses enge Beisammensein ist für uns intensive Beziehungszeit auf allen Ebenen – und in Beziehung sein heißt nun mal auch immer wieder, an den unterschiedlichen Beziehungen zu arbeiten.
Konflikte und Nähe gehören zusammen
Vielleicht erinnert ihr euch ja noch daran, wie intensiv ihr früher Klassenfahrten erlebt habt. Oft haben ein oder zwei Wochen in einer Jugendherberge uns als Klassenkameraden tatsächlich sehr eng zueinander gebracht. Es war gut für die Gemeinschaft, hieß es dann hinterher oft. Noch lange haben wir lachend beieinander gesessen und uns einzelne Anekdoten rauf und runter erzählt. Doch der Weg dahin war mitnichten ein andauernder Tanz Hand in Hand im Sonnenuntergang. Im Gegenteil, oft saßen wir weinend auf unseren Betten oder haben uns auf den Fluren angeschrien. Wollten unser Zimmer wechseln, weil die Zimmernachbarn auf einmal unerträglich schienen. Beste Freundinnen haben sich für immer abgeschworen und lagen sich ein paar Stunden später wieder heulend in den Armen. Vor dem Abendessen mussten Lehrer Krisengespräche führen und der eine oder andere telefonierte sein komplettes Budget ab, um sich daheim auszuheulen. Doch in all diesem Chaos und zwischen all den Tränen, der Wut, dem Ärger, den Krisen, ist tatsächlich etwas passiert. Fast unmerklich haben wir uns weiterentwickelt, sind aneinander gewachsen, haben Beziehungen gestärkt, gelockert oder ganz neu geknüpft. Wir haben uns in solchen intensiven Zeiten gezeigt, wie wir waren, haben Masken fallen gelassen und den anderen mit neuen Augen wahrgenommen – und das war tatsächlich gut für unsere Gemeinschaft.
Nichts anderes ist ein Familienurlaub. Auch da kommen die verschiedenen Charaktere einer Familie zusammen und prallen aufeinander. Auch da zeigen wir uns plötzlich von anderen Seiten. Und auch da wächst ganz langsam etwas besonderes, wenn wir es zulassen. Wenn wir den Anspruch, dass Familienurlaub eine Aneinanderreihung harmonischer und erholsamer Tage sein muss, loslassen, dann können wir das genießen, was wirklich da ist – intensive Nähe. Wenn wir uns auf die Menschen einlassen, mit denen wir unterwegs sind und wenn wir gleichzeitig in uns hinein spüren, lassen sich gerade in dieser Zeit Knoten lösen, die der Alltag viel zu fest gezurrt hat. Dafür müssen wir aber annehmen, dass Reibung sein darf und das Urlaub eben nicht Friede, Freude und Eierkuchen sein muss, sondern echt!
Wie ist das bei euch im Familienurlaub? Kennt ihr das von mir beschriebene und wie geht ihr damit um?
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