Eltern sein, Familie leben

Zurück in den Alltag – wie der Übergang gut gelingt

Sieben Dinge, die uns beim Übergang in den Alltag helfen

Wir sind diese Woche alle wieder in unseren Alltag gestartet. Nach drei Wochen Ferien, drei Wochen ausschlafen, drei Wochen ohne Lernen oder Hausaufgaben, nach drei Wochen intensiver Kuschelzeit und nach drei Wochen wenig Arbeit für uns Eltern, mussten gestern alle wieder los. In unserer Familie waren alle unterschiedlichen Emotionen, die man mit dem Ferienende und dem Start in den Alltag verbindet, vorhanden. Da waren Unlust und Ärger, da war Vorfreude, da war ein banger Blick, da war ein bisschen Gleichgültigkeit und auch ein bisschen Angst. Für uns Eltern hieß das, gleichzeitig die eigenen Gefühle im Blick zu haben und zu zulassen und daneben ganz nah bei den Kindern zu sein und ihnen Hilfe und Orientierung zu geben. Nach unserer Erfahrung gibt es einige Punkte, die den Übergang in den Alltag erleichtern. Sieben davon möchte ich euch heute vorstellen.

Vorbereitung

Es ist total reizvoll, die Ferien bis zum letzten Moment auszukosten und frühstens am Sonntagabend vor dem ins Bett gehen zu planen, was man am nächsten Tag braucht. Mitunter steht man dann aber (so wie wir vorgestern) ohne passende Sporthose und mit fehlendem Radiergummi da und der Start in den Alltag hat für die Kinder gleich etwas unperfektes, vielleicht sogar sorgenvolles. Also ist es besser, die ersten Vorbereitungen bereits etwas früher zu treffen und sich so gedanklich auch schon wieder ein bisschen auf den kommenden Alltag einzulassen. Das heißt ja nicht, dass man den Ferienmodus sofort ausschalten muss. Vielmehr kann man die Dinge, die zu erledigen sind, ja mit etwas schönem verbinden. Erst gehen wir eine Sporthose und neue Buntstifte kaufen und danach noch eine Runde Eislaufen.

Auch gedanklich kann man sich schon ein bisschen auf den kommenden Alltag vorbereiten, indem man bei den Kindern nachfragt, was denn so anliegt in der ersten Schulwoche, auf was sie sich freuen, welche Fächer sie haben und mit wem sie sich gern verabreden wollen, aber auch, welche Hobbys nun wieder starten und welche Freizeitangebote nun wieder genutzt werden können, die über die Ferien geschlossen waren. Auch wir Eltern können den Kindern von unserem Alltag erzählen und von dem, was wir uns für die kommende Woche vornehmen, wo wir vielleicht hinfahren müssen, auf was wir uns freuen und was weniger schön war.

Rückblick

Die Ferien sind zur Erholung und zum Kraft sammeln da – und sie sind da, um Momente zu sammeln. Diese schönen Momente behalten wir – und auch unsere Kinder – im Gedächtnis, wir schauen gern auf sie zurück, gerade wenn der Alltag mal nicht so toll ist. Sie dienen uns als gedankliche Oase und auch als Ort, von dem wir wissen, dass er immer wieder da sein wird und dass wir wieder solche schönen Zeiten haben werden. Deshalb ist es schön, am Ende der Ferien noch einmal gemeinsam auf die Dinge zu schauen, die uns in den letzte Wochen glücklich gemacht haben. Wir können uns die schönsten Erlebnisse erzählen, noch einmal über die lustigen Sachen lachen, die wir gesehen, getan oder besprochen haben und gemeinsam Fotos anschauen, die im Laufe der Ferien entstanden sind. Das hilft uns, unsere schönen Erinnerungen zu pflegen. Es hilft den Kindern aber auch beim Übergang in den Alltag, denn sie können so die Ferienzeit auch gedanklich abschließen.

Ausblick

Nach den Ferien ist ja bekanntlich vor den Ferien – und zwischendrin passiert auch ganz viel. Zusammen zu schauen, wie oft man früh aufstehen muss, bevor das nächste Wochenende kommt und was für besondere Tage sich in der Zeit zwischen jetzt und den nächsten Ferien verstecken, kann kleinen Skeptikern helfen, den Start in den Alltag etwas lockerer zu nehmen. Allerdings sollten sie dabei nicht zu weit voraus gehen. Während uns Eltern 10 Wochen bis zu den nächsten Ferien unglaublich kurz erscheinen, ist es für Kinder eine lange, unüberschaubare Zeit.

Schön ist es auch, mit den Kindern zu besprechen, was in der Zeit bis zu den nächsten Ferien im Jahreskreis passiert. Zuerst ist da noch Winter und vielleicht schneit es ja auch nochmal und wir können Schlitten fahren, dann kommt schon Rosenmontag und irgendwann danach kommen die ersten Blümchen aus dem Boden und es wird langsam wärmer. Vielleicht kommen sogar die Vögel schon zurück – und dann dauert es gar nicht mehr lange bis zu den Osterferien. 

Verständnis

Nicht jeder kann sich am Ferienende wieder auf das Wiedersehen mit seinen Freunden freuen oder darauf, dass endlich wieder der Kinderchor probt oder der Fußballverein trainiert. Manche finden es auch einfach richtig blöd, dass sie jetzt nicht mehr so selbstbestimmt sind, wie in den Wochen davor. Wichtig ist es, dass unsere Kinder das auch sagen dürfen. Offenheit für die Gefühle der anderen Familienmitglieder ist ganz wichtig und auch, dass wir Eltern unseren Kindern zuhören. Vielleicht ist es nur der Frust darüber, dass die schöne gemeinsame und selbstbestimmte Familienzeit vorbei ist. Vielleicht steckt aber auch mehr dahinter. Wir Eltern sollten gerade in dieser Übergangszeit präsent sein, Verständnis zeigen und zuhören, um herauszufinden, ob es sich um eine kurzzeitige Frustration handelt oder ob mehr dahinter steckt.

Wir sollten auch nicht erwarten, dass unsere Kinder am Montagmorgen nach den Ferien wieder auf Knopfdruck funktionieren. Vielleicht fällt das Aufstehen noch einige Tage schwer und auch das Einschlafen am Abend verschiebt sich nicht so schnell nach vorne, wie wir das vielleicht für angebracht und wichtig halten. Unsere Kinder brauchen Zeit, um sich umzustellen und unser Verständnis. Schimpfen am Abend oder Morgen hilft ihnen nicht, sich besser zu fühlen und ändert auch gar nichts an der Tatsache, dass sie aus dem Rhythmus sind.

Trost

Ganz egal, ob unsere Kinder (oder unser Partner) nur kurzzeitig ein bisschen traurig darüber sind, dass sie keine Ferien mehr haben, ob sie vom frühen Aufstehen und den Hausaufgaben genervt sind oder ob mehr dahinter steckt, sie brauchen nun Erwachsene, die sie ernst nehmen und für sie da sind. Es nützt niemandem etwas, wenn wir den Übergang von Ferien in den Alltag herunterspielen und unseren Kindern sagen, dass ja alles gar nicht so schlimm sei. In diesem Moment, in dem sie unter der neuen Situation leiden, in dem sie sich schwer tun, zurück in ihre gewohnten Strukturen zu finden, brauchen sie unseren Trost. Sie brauchen unsere Schulter zum Anlehnen, unsere Hände, die sie abends vielleicht dann doch nochmal in den Schlaf streicheln, unsere Ohren, die zuhören und offen sind, für alle Wehwehchen, wie klein sie uns auch immer erscheinen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir selbst das, was unsere Kinder jetzt gerade ein bisschen aus der Bahn schleudert, schon 1000 Mal gemacht haben. Wir hatten schon oft Ferien (oder Urlaub) und wir sind schon oft wieder in den Alltag gestartet. Wir wissen, dass es evtl ein paar Tage dauert, bis wir wieder richtig drin sind und wir wissen, dass der nächste Urlaub ganz sicher kommt. Unsere Kinder haben dieses Gefühl noch nicht. Für sie sind solche Übergänge oft schwieriger. Sie müssen sich immer wieder neu zurecht finden, sie haben sich gerade mit allen Sinnen und Systemen an den Ferienmodus angepasst und nun müssen sie sich umstellen. Das ist im besten Falle aufregend und im schlimmsten Fall beängstigend – oft einfach irgendwas dazwischen.

Das Gute sehen

Trauer, Angst, Wut, Verwirrung und all die anderen Gefühle, die so ein Übergang in den Alltag mit mit sich bringen kann, ernst zu nehmen, bedeutet nicht, dass wir nicht auch die positiven Seiten herausstellen dürfen. Es nützt keinem, wenn wir als Familie in einen kollektiven Unglücksmodus verfallen, nur weil das wieder gestartet ist, was nun einmal den Großteil unseres Lebens ausmacht. Auch in einer noch so nervig erscheinenden Woche finden sich sicher ein paar Inseln oder Highlights, die wir bewusst hervorheben können. Oh schau, jetzt hat endlich wieder die Bücherei geöffnet, komm wir schauen, ob es neue Bücher gibt. Mensch, am Dienstag habt ihr doch wieder Sachkunde, da fangt ihr ganz sicher ein neues, spannendes Thema an. Am Freitag ist doch wieder unser wöchentliches Treffen auf dem Spielplatz und endlich sind wieder alle da. Irgendetwas Gutes findet sich doch immer, schließlich verbringen wir ja nicht den größten Teil unseres Lebens mit einer Aneinanderreihung von Schrecklichkeiten. Sich auf das Schöne fokussieren, kann für große Menschen in Krisensituationen ein Rettungsanker sein und der Grund, warum sie etwas bewältigen, was andere zerbricht. Auch unseren Kindern kann es helfen, mit der Krise des Übergangs in den Alltag besser fertig zu werden.

Den Alltag schön gestalten

Es gibt Menschen, die leben im Grunde von Urlaub zu Urlaub und hangeln sich während ihres Alltages irgendwie durch. Ich finde, das ist kein erstrebenswertes Leben. Immer – aber besonders dann, wenn unsere Kinder klein sind und wir Familie sind –  sollte unser Alltag unsere Insel, unser Anker sein. und nicht das Unwetter, das wir fürchten müssen. Wenn wir dennoch so empfinden, kann es an der Zeit sein, seine alltäglichen Strukturen und Zwänge zu hinterfragen und etwas zu verändern. Immerhin leben wir nun einmal nicht in einer Aneinanderreihung von großen Events. Vielmehr findet unser Leben und Lieben, wie Veronika Smoor so wundervoll in ihrem Buch Heiliger Alltag schreibt, nicht im permanent Scheinwerferlicht statt, sondern im Licht eines mittelmäßigen Alltags, er macht 95 Prozent unseres Lebens aus – und ist das, was unsere Kinder prägt und ihnen das Rüstzeug fürs Leben gibt. Unser Alltag sollte daher immer wieder Ruheoasen, schöne Rituale (wie wäre es mit einer Freitagspizza) und wiederkehrende, tägliche Familienmomente haben. Der schön gedeckte Tisch und das Essen, das möglichst allen schmeckt, die Teerunde am Nachmittag, die Vorlese- und Kuschelrunde am Abend, all das sind Momente, die uns und unseren Kindern gut tun und die uns Halt geben – und es sind die Momente, die später einmal die Farben, Töne und Gerüche ihrer Kindheit bleiben werden.

 

Fotos: Inka Englisch (Link)

Über mich:

Unternehmerin, Erziehungswissenschaftlerin, Familienberaterin, Autorin, dreifache Mama und vor allem für Sie und ihre Familie da.

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