In unserer Gemeinde gibt es eine neue Predigtreihe – das Gute sehen. Mir gefällt die Idee dahinter so gut, dass ich beschlossen habe, hier auf dem Blog auch ein bisschen dazu zu schreiben.
Das Gute sehen – gerade für uns Eltern ist das manchmal eine besondere Herausforderung. Klar – im Grunde neigen wir dazu, dass Allerbeste in unseren Kindern zu sehen. Wir schauen sie an und sehen die Schönsten, die Nettesten, die Liebenswürdigsten und sozial kompetentesten Wesen, die man sich nur vorstellen kann. Doch dann weht uns dieser kalte Wind ins Gesicht: Der Blick unserer Gesellschaft auf Kinder ist defizitorientiert. Das sind die Lehrer, die sich meistens bei Elterngesprächen auf die Fächer konzentrieren, die gerade nicht so gut laufen und die Stärken des Kindes oft außen vor lassen, besonders dann, wenn diese Stärken außerhalb dessen liegen, was wir als “nutzbringend” festgelegt haben. Da interessiert es niemanden, dass ein Kind großartig, empathisch und freundlich ist und dass es ein Fachwissen über Autos hat, dass es mit so manchem Kfz-Mechaniker aufnehmen könnte – solange es die Seiten im Mathebuch nicht lösen kann. Da interessiert es nicht, dass ein Kind wunderbar klug und durchdacht weiterdenkt, wenn im Sachunterricht bestimmte Themen besprochen werden, wenn es ansonsten nicht still auf seinem Stuhl sitzen kann. Da überlegt niemand, ob der kleine Querdenker aus Reihe zwei mit seinen Fragen nicht unglaublich inspirierend sein könnte, denn seine Zwischenrufe nerven und stören den geplanten Ablauf.
Wir Eltern sitzen dann da – und lieben unser Kinder und wollen ihr Bestes – und aus Angst glauben wir all die Abwertungen, die man uns serviert. Dann ist unser Blick auf einmal verstellt, dann sehen wir es selbst nicht mehr, das Gute in unserem Kind, das Schöne, das Besondere. Wir vergessen gern, dass unsere Kinder soviel mehr sind, als Schulleistungen, als gesellschaftlich erwünschtes Verhalten. Wir vergessen, dass unsere Kinder, solange sie klein sind, nah an dem Menschen sind, den Gott sich ausgedacht hat. Wir vergessen, dass hinter jedem Kind ein wundervoller Plan steckt und wir versuchen diesen Plan zu durchkreuzen, weil die Gesellschaft etwas anderes will.
Ich möchte Euch einladen, wieder auf diesen Plan zu vertrauen und das Gute in Euren Kindern zu sehen. Ich möchte Euch diese Woche dazu einladen, einmal wieder ganz genau hinzuschauen. Ich möchte Euch einladen, einen anderen Blickwinkel zu versuchen.
Euer Kind war im Kindergarten zu wild und die Betreuer beschweren sich? Es trägt noch ungebändigte Lebensfreude in sich. Anstatt zu schimpfen, könnten ein paar Stunden weniger Struktur und ein paar Stunden mehr Freiheit die Lösung sein.
Euer Kind hat eine schlechte Note in Mathe? Aber bestimmt kann es ganz großartig malen, basteln, lesen, erzählen, zuhören, Fußball spielen, Musik machen oder ein wunderbarer Clown sein. Gebt ihm diese Woche so oft wie möglich die Gelegenheit zu tun, was es gut kann und freut euch daran.
Euer Kind hat bei der letzten U-Untersuchung nicht gekonnt, was angelblich 75% der anderen Kinder in seinem Alter schon können? Wundervoll – es nimmt sich Zeit für die Dinge und macht sie im seinem Tempo. Auch hinter Eurem Kind steht ein Plan – habt vertrauen. Schaut Euch an, was es dafür alles kann.
Euch fällt bestimmt noch so viel mehr ein. Es tut Euch und Euren Kindern so gut, einmal versuchsweise die Spirale aus Bewertung und Enttäuschung zu verlassen. Es tut so gut, sich einmal auf das zu konzentrieren, was man hat und nicht auf das, was fehlt. Es tut so gut, einmal einfach nur das Gute zu sehen.
Eure Daniela
Hallo Daniela, mit deinen Zeilen schreibst du auch aus meiner Seele. Unser Krümel macht nicht gerne Sport und wird dafür im ersten Zeugnis mit einer 5 bestraft. Dafür sind alle anderen Fächer super. Er malt, bastelt, spielt Theater, geht zur Feuerwehr, liest unglaublich gern und viel für einen Zweitklässler. Aber er wird nie ein Profisportler werden. Sogar von Therapiemaßnahmen war die Rede. Wir haben einen unglaublich wissensdurstigen Krümel daheim uns sehr viel Freude mit ihm. Ich wünschte mehr würden es sehen wie Du 🙂
Gruß Petra
Oh je, Petra. Es ist echt unglaublich, was dieses System Kindern alles zumuten. So ein Druck für einen Zweitklässler. Schön, dass ihr fest und ermutigend an seiner Seite steht.
DAnke! Diese Erinnerung braucht man immer wieder!! <3
Gern. Davon kommt die Tage noch mehr.