Eltern sein, Familie leben

Schreien lassen: Im Zweifel nie!

Warum wir nicht gegen unsere Instinkte arbeiten müssen.

„Gott spricht, ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Jesaja 66,13

 

Bevor ich selbst Mutter wurde, war ich bereits längere Zeit in einem Frauenforum unterwegs. Neben mir gab es dort eine Menge Frauen, die bereits selbst Mütter waren und sich über dieses und jenes aus ihrem Alltag austauschten. Immer wieder sorgte ein Thema für erhitzte Gemüter, nämlich die Frage, ob man Babys nachts schreien lassen und sich selbst beruhigen lernen lassen sollten oder ob sie getröstet werden dürfen. Ich fand diese Diskussion befremdlich.  Bis dato kannte ich nämlich nur eine andere Person, die tatsächlich der Meinung war, Babys müssten lernen, sich selbst zu beruhigen:  Jack Byrnes.

Schreien lassen oder Verwöhnen?

Jack Byrnes zeichnen mehrere Dinge aus – er ist ziemlich verrückt, seine Ansichten decken sich selten mit denen anderer Menschen, was vielleicht daran liegen könnte, dass er ein ehemaliger CIA-Agent ist und das Wichtigste an ihm – er existiert nicht wirklich! Jack Byrnes ist eine fiktive Figur aus dem Film „Meine Braut, ihr Vater und ich“ und wird von Robert De Niro gespielt. Im zweiten Teil der Komödienreihe hat Jack die Aufgabe, sich um seinen Enkel „Little Jack“ zu kümmern und verkündet, dass er ihn ferberisiert. „Little Jack“ soll als echter Mann schon früh lernen, sich selbst zu beruhigen. Glücklicherweise fuscht ihm jedoch die Sexualtherapeutin und zukünftige Schwiegermutter seiner Tochter, Roz Focker ins Handwerk und verwöhnt den kleinen Jack, wann immer der Große nicht hinsieht, nach Strich und Faden.

Soweit so gut. Ferberisieren, die Idee, Kindern schrittweise beizubringen, sich selbst zu beruhigen, statt als tröstendes Elternteil zur Verfügung zu stehen, hielt ich also kurz gesagt für die Idee eines Irren.

Schlafentzug bringt uns an unsere Grenzen

In meiner eigenen Schwangerschaft wurde ich dann mit einer Light-Methode des Ferberns konfrontiert. Eine ebenfalls schwangere Freundin hatte sich aus verständlicher Angst vor schlimmen Nächten einen Ratgeber besorgt, dessen Name versprach, dass jedes Kind, also auch ihr bisher noch ungeborenes, durchschlafen würde, wenn man sich nur an ihre Methode halten würde. Ich muss zugeben, es klingt verlockend und spätestens, wenn man selbst das erste Mal ein Baby im Haus hat und unter Schlafmangel leidet, beginnt man über die Sätze dieser Autorin nachzudenken. Schlafentzug ist eine Foltermethode und als Elternteil weiß man, wie furchtbar es ist, wenn die Nächte dauerhaft kurz und gestückelt sind.

Ich habe Verständnis für jede Mutter, die verzweifelt die oben genannte Methode anwendet und versucht, ihrem Baby das Schlafen so beizubringen. Fragt man die Mütter nach ihren Erfahrungen, erzählen viele, dass es funktioniert hat – nicht sofort, aber nach einigen Wochen schlief das Baby durch oder beruhigte sich in Schreiphasen selbst. Fragt man die Mütter dann aber, wie es ihnen während des Versuchs ging, gestehen sie oft, dass sie sich schlecht gefühlt haben. Sie mussten sich zwingen, die Methode durchzuhalten. Sie haben heulend vor der Tür gesessen, erzählten einige oder es habe Streit mit dem Partner gegeben, weil der zum Abbruch dieses Programms geraten habe.

Aus diesen Erfahrungen werden zwei Dinge deutlich. Zum einen  – die Methode funktioniert, wenn Eltern sie nur konsequent genug durchhalten. Zum anderen – genau dafür sind wir Eltern eigentlich nicht gemacht.

Unsere Babys sind kleine Urmenschen

Schauen wir uns zuerst an, warum diese Methode funktioniert: Unsere Babys werden seit Beginn der Menschheit mit dem gleichen Programm geboren. Wenn heute ein Baby auf die Welt kommt, dann weiß es nichts von Babyphonen, Angel-Care Matten und anderen Systemen, die seinen Eltern helfen, es im Auge oder zumindest im Ohr zu behalten. Es hat dieselben Instinkte wie Babys, die in der Wildnis geboren wurden und mit ihren Großfamilien in Höhlen oder unter freiem Himmel geschlafen haben. Damals bedeutete getrennt sein von erwachsenen Bezugspersonen meist  Lebensgefahr. Wenn ein Baby von der Mutter oder dem ganzen Clan zurückgelassen wurde, musste es schnell darauf aufmerksam machen und möglichst laut schreien, in der Hoffnung, dass Mama es noch hörte und wiederkam. Was aber, wenn Mama nach einer bestimmten Zeit nicht zurückkehrte? Dann bedeutete auf einmal das laute Schreien selbst eine Gefahr für das Kind. Ein Kind, das allein in der Wildnis zurückgelassen wurde und das gemerkt hatte, dass niemand Helfendes in erreichbarer Nähe war, musste  sich ruhig verhalten, denn wenn sein Schreien die vertrauten Menschen nicht mehr anlockte, würde es vielleicht irgendwann Lebewesen auf sich aufmerksam machen, die ihm weniger wohl gesonnen sind. Das Kind schwieg und fiel in eine Art Angststarre – und irgendwann schlief es vor Erschöpfung auch tatsächlich ein.

Ähnliche Phasen durchlaufen Kinder auch heute noch, wenn sie allein in der Dunkelheit liegen.

Bindungsorientierung ist uns gegeben

Aus ähnlichen Gründen fällt es uns Eltern so schwer, diese Programme durchzuziehen. Auch wir sind darauf programmiert zu trösten, zu beruhigen, Nähe zu geben, Sicherheit zu vermitteln, da zu sein. Deshalb müssen wir uns zwingen, Kinder schreien zu lassen, deshalb sitzen wir weinend vor der Tür oder streiten mit unserem Partner.

Gott hat uns Mütter mit allem ausgestattet, was wir brauchen, um Trost zu spenden und er hätte das sicher nicht getan, wenn er gewollt hätte, dass unsere Kinder sich selbst beruhigen. Aber auch die Väter können ihren Beitrag leisten, sie können unsere Kinder nicht stillen, aber tragen, in starken Armen halten, die erschöpften Mütter entlasten und mit ihren oft tieferen und dadurch beruhigenderen Stimmen reden oder singen.

Auch wenn es immer wieder Menschen gibt, die uns etwas anderes einreden wollen – wir dürfen unsere Kinder nachts beruhigen. Wir dürfen auf ihre Bedürfnisse eingehen und sie ernst nehmen. Wir dürfen Trost und Nähe spenden. Wir verwöhnen sie dadurch nicht, sondern wir helfen ihnen, ins Leben zu wachsen. Wir Christen verlassen uns darauf, dass Gott uns auffängt, wenn wir verzweifelt sind, dass er uns nie alleine weinen lässt und erwartet, dass wir selbst zur Ruhe finden. Er will uns trösten, wie es eine Mutter tut – und so dürfen wir es unseren Kindern weitergeben.

Eure Daniela

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Unternehmerin, Erziehungswissenschaftlerin, Familienberaterin, Autorin, dreifache Mama und vor allem für Sie und ihre Familie da.

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